Stolpersteine, Walldorf, Familie, Klein

Walldorf

Walldorfer Geschichte des Gedenkens an von den Nazis verfolgte jüdische Bürger – insbesondere an Kurt Klein und seine Familie

(von Wolfgang Widder)

1985 Besuch ehemaliger jüdischer Mitbürger

Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg spielte sich bereits Mitte der Achtziger Jahre ab: Es war die Einladung an ehemalige jüdische Mitbürger Walldorfs.  Kurt nahm sie nicht an – wohl aber sein Bruder Max. Die Einladung ging auf eine Initiative der engagierten Walldorfer Bürgerin Liesl Litterer – eine Tante von Dieter Herrmann – zurück, die der damalige Bürgermeister Criegee aufgriff. 

Schon 1984 schrieb Max an Frau Litterer von seinen eigenen „gemischten Gefühlen“ in Bezug auf den Besuch. (eine Kopie dieses Briefs stellte mir dankenswerterweise Dieter Herrmann zur Verfügung).

Jim Klein, Kurts Sohn, schrieb im Februar 2020 in einer mail an Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, Dr. Anja Schüler und mich selbst:

„I recall many years ago when the mayor of Walldorf invited my father to return to the town as part of a ceremony with other former Jewish residents. My father wrote back to the mayor that while he certainly appreciated the sincere invitation, and the sentiment that motivated it, he would prefer not to meet the same classmates and friends who betrayed their friendships with him and who had willingly participated in the mistreatment of his parents and the other Jewish residents of Walldorf.“ 

Jim Klein

Im Zusammenhang mit dem Besuch von 1985 wurde am Walldorfer Friedhof eine Tafel aufgestellt, die folgenden selbstkritischen Text trägt:

Unseren ehemaligen jüdischen Mitbürgern

Jahrhunderte lebten und arbeiteten auch in Walldorf Deutsche jüdischen Glaubens. Sie waren Fabrikanten, Kaufleute, Lehrer und Arbeiter und suchten wie wir das Glück. Es waren noch 53, als 1933 der Judenhass Programm einer deutschen Regierung wurde.

Allzuviele beteiligten sich daran, ihre jüdischen Mitbürger zu demütigen, sie aus ihrer Synagoge und ihren Häusern zu vertreiben. Wer nicht rechtzeitig auswandern konnte, wurde nach Dachau, Buchenwald, Gurs und Auschwitz verschleppt und mit Millionen anderen getötet.

Vergessen wir nicht, was möglich war, in Deutschland, in Walldorf, fast 2000 Jahre nach Christi Geburt. Das Schicksal unserer jüdischen Mitbürger mahnt zu Brüderlichkeit, Toleranz und Frieden.

Mahnmal, Walldorf, Mitbuerger

Dieter Herrmann schrieb 1985 eine „Geschichte und Schicksal der Walldorfer Juden“, in der verblüffenderweise bereits das Bild der Familie Klein zu finden ist. Ebenfalls Dieter Herrmann war es, der 2002 erstmals auf Kurt Klein aufmerksam machte, und zwar am Ende seines Textes: „ … die Stadt Walldorf allmählich frei von Juden zu machen …“, der in einer städtischen Broschüre zur 100. Wiederkehr der Verleihung der Stadtrechte („Walldorf 21“) erschien.   


2010 Stolpersteine

Das reichte nicht: Knapp zwanzig Jahre später wußte bis vor kurzem kaum jemand in Walldorf über die Persönlichkeit Kurt Klein etwas zu sagen. 

Eine Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren, erfordert also zunächst einmal mindestens Wiederholung – Weitererzählen, nicht zuletzt den Jungen.

Am 2. Mai 2010 wurden in Walldorf „Stolpersteine“ verlegt. Zwei davon erinnern an die Eltern Kurts, Ludwig und Alice Klein, sie liegen in der Mitte Walldorfs, beim Haus Hauptstraße 15, einem der „Judenhäuser” (eigentliches Elternhaus: Schwetzinger Straße 15)

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Stolpersteine, Walldorf, Familie, Klein

2020 Gedenkveranstaltung

Grußwort

Bürgermeisterin Christiane Staab

Veranstalter

  • Prof. Dr. Welf Werner (HCA)
  • Klaus Engwicht (Heimatverein)
  • Gustl. Riemensperger(Forum 84)
  • Wolfgang Widder

Videogrußwort

Jim Klein USA (pdf in neuem Fenster)

Grußwort

Wilma Reinheimer (pdf in neuem Fenster)

Vortrag

„Kurt Klein – Ein Überblick über sein Leben“ von Wolfgang Widder (pdf in neuem Fenster) ergänzt durch Lesungen aus Briefen durch Gustl Riemensperger, Inge Geier und Marten Kopf vom Forum 84

Filmausschnitte

„Deceit and Indifference“ – kommentiert von Dr. Anja Schüler (HCA)

Schlußwort

Gedanken zur zukünftigen Erinnerung an Kurt Klein von Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, Gemeinderätin (pdf öffnet in neuem Fenster)

Moderation

Andy Herrmann (Vereinigung Walldorfer Heimatfreunde e. V.)

Gedenkveranstaltung, Walldorf, Kurt Klein
Gedenkveranstaltung im Foyer der Astoria Halle in Walldorf

Bericht über die Veranstaltung in der Wieslocher Woche (pdf öffnet in neuem Fenster)

Mit der – Pandemiebedingt eher kleinen – Gedenkveranstaltung zum 100. Geburtstag Kurt Kleins am 2. Juli 2020 dürfte nun eine gründlichere Befassung mit der Familie Klein beginnen. Schon zum achtzigsten Jahrestag der Deportation der Eltern nach Gurs am 22.10. 2020 ist ein weiterer Schritt geplant. Die Erinnerung an die Familie Klein wird auch 2022 auf verschiedene Weisen wachgehalten.


Faltblatt „Vergangen nicht Vergessen“

Im Oktober 2020 erscheint das aktualisierte Faltblatt der Stadt Walldorf zu „Spuren jüdischer Einwohnerinnen und Einwohner in Walldorf“ (pdf öffnet in neuem Fenster)


2022 Kurt Klein-Tage

Nachdem es 2020 nicht möglich war, größere Veranstaltungen durchzuführen, finden nun 2022 die Kurt Klein-Tage statt:

Kurt Klein-Tage

30. Juni bis 3. Juli 2022

und Veranstaltungen im Vorfeld


Bücher

2022/23 sind zwei Bücher entstanden, die, über die Website hinaus, die Geschichte um Kurt Klein und Gerda Weissmann Klein in verschiedener Art, mit unterschiedlichen Schwerpunkten erzählen.

Beide können für sich stehen. Sie sollen auch dazu dienen, in Schulen eingesetzt zu werden.

Die Geschichte von Kurt Klein und seiner Frau Gerda Weissmann-Klein geht einem unter die Haut

Beide sind jüdischer Herkunft, verlieren als junge Menschen ihre Eltern durch die Judenverfolgung und haben in vielerlei Hinsicht unter dem Naziregime zu leiden. Anhand zahlreicher Briefe von Kurts Eltern an ihre Kinder wird das Schicksal jüdischer Menschen im Dritten Reich direkt erfahr- und erlebbar.
Kurt, in Walldorf bei Heidelberg geboren und aufgewachsen, gelingt rechtzeitig die Flucht in die USA und er kehrt als „Ritchie Boy“, als Teil der US-Army, 1943 nach Europa zurück. Gerda überlebt nur knapp ihre rund zweieinhalb Jahre andauernden Aufenthalte in verschiedenen Arbeitslagern, darunter zum Beispiel Bolkenhain und Merzdorf, sowie einen viermonatigen Todesmarsch“ von Grünberg bis nach Volary. Trotz aller Widrigkeiten treffen die beiden am 7. Mai 1945 aufeinander und es beginnt eine berührende Liebesgeschichte. In den USA gehört sie zu den bekanntesten Darstellungen der Erinnerung an den Holocaust – von der Bedeutung vergleichbar mit dem Tagebuch der Anne Frank in Deutschland. Das Buch von Gerda Weissmann-Klein, All But My Life, erlebte Dutzende Auflagen und wurde 1994 verfilmt. Der Film erhielt 1995 einen „Oscar“. In Deutschland ist die Geschichte kaum bekannt – Wolfgang Widder trägt mit seiner biografischen Skizze dazu bei, das zu ändern.

Wolfgang Widder.
Kurt Klein. 
Eine biografische Skizze mit einem Beitrag von Jim Klein.
88 Seiten mit 54 Schwarz-weiß-Abbildungen, fester Einband.
ISBN 978-3-95505-332-1. EUR 16,90.

Außerdem erschien im November 2023 die Neuauflage von „Nichts als das nackte Leben“ im Metropol Verlag.

Gerda Weissmann, geboren 1924 im polnischen Bielsko-Biała, ist fünfzehn, als ihre unbeschwerte Jugend ein jähes Ende findet. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht verschleppen die Deutschen Gerdas Bruder und deportieren drei Jahre später ihren Vater. Mutter und Tochter werden voneinander getrennt. Für Gerda beginnt eine Odyssee durch mehrere Arbeitslager, die mit einem „Todesmarsch“ endet. Ihre Familie wird sie nie mehr wiedersehen.

Gerda Weissmanns Erinnerungen sind bereits 1957 in den USA unter dem Titel „All but my life“ erschienen und wurden zu einem Bestseller.

Gerda Weissmann Klein
Nichts als das nackte Leben
320 Seiten
ISBN 978-3-86331-718-8, EUR 24,00.

Die Geschichte zweier Juden in der Nazi-Zeit

Gerda und Kurt sind in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts geboren: Gerda in Bielitz in Schlesien, Kurt in Walldorf in Baden. Beide Juden verloren ihre Eltern im Zweiten Weltkrieg durch den Naziterror. Am Ende es Krieges begegnen sie sich: Kurt, inzwischen Soldat der amerikanischen Armee, Gerda, entkräftet, dem Tode nahe, nach grausamen Jahren in Arbeitslagern und einem viermonatigen „Todesmarsch“. 
R. Chikh und W. Widder stellen mit dieser Graphic Novel eine bewegende Geschichte aus einer schrecklichen Zeit vor.


Wolfgang Widder und Raïssa Chikh.
Gerda und Kurt
Die Geschichte zweier Juden in der Nazi-Zeit. 
96 Seiten, fester Einband.
ISBN 978-3-95505-400-7. EUR 16,90.

Vorstellung der Graphic Novel am 2.7.2023 im Evangelischen Gemeindehaus in Walldorf

Bericht über die Veranstaltung in der Walldorfer Rundschau (jpg öffnet in neuem Fenster)

Bericht über die Veranstaltung in der Rhein-Neckar-Zeitung (png öffnet in neuem Fenster)

Bericht über die Veranstaltung in der Wieslocher Woche (jpg öffnet in neuem Fenster)

Einführung von Elke Weickelt (pdf öffnet in neuem Fenster)


Unterstützer

Diese Internetseite entstand 2020 auf Initiative von Wolfgang Widder, der auch verantwortlich für die Inhalte ist. Sie soll dazu beitragen, die Erinnerung an Kurt Klein und seine Familie in Walldorf und in ganz Deutschland zu bewahren. Sie dient insofern auch den Menschen Walldorfs. Die Vereinigung der Heimatfreunde Walldorf e.V., die auch dankenswerterweise die Gedenkveranstaltung zum 100. Geburtstag Kurt Kleins am 2. Juli 2020 mitträgt, möge in Walldorf die Erinnerung weiter pflegen.

Dank gebührt auch dem Heidelberg Center for American Studies an der Universität Heidelberg – Herrn Prof. Welf Werner und Frau Dr. Anja Schüler – sowie Andrea Schröder-Ritzrau, die mich von Anfang an tatkräftig unterstützten. Das FORUM 84 Walldorf, Gustl Riemensperger, trug wesentlich zum Zustandekommen der Gedenkveranstaltung bei.

Kurt Kleins Sohn Jim danke ich sehr für die Bereitstellung von Materialien, Hinweise und wohlwollende Unterstützung.

Ich möchte auch Wilma Reinheimer und Bernd Jörg Diebner für ihre Übersetzungen sehr danken.

Frank Engelmann, der diese Internetseite konzipiert und gestaltet hat, möchte ich ganz besonders danken. Er hat nicht nur seine professionellen Fähigkeiten eingebracht, sondern durch seine weit über das erwartbare Maß hinausgehenden Recherchen die Seite, in einer teils einfach verblüffenden Weise, angereichert. Kurt Klein würde es ihm danken …

Finanziert wurde diese Internetseite durch einen Unterstützerkreis, dem folgende Personen angehören:

  • Dieter Astor
  • Doris Bernzen
  • Dieter Burkhard
  • Gernot und Elvira Dick
  • Marianne Falkner
  • Andy Herrmann
  • Dieter Herrmann
  • Gesa Hofmann
  • Gerhard und Nele König-Kurowski
  • Matthias Renschler
  • Kordula Richelshagen und Rainer Lange
  • Patrizia und Franz Schaidhammer
  • Andrea Schröder-Ritzrau
  • Hartmut Schweizer
  • Sigrid und Siegfried Tüngerthal
  • Welf Werner
  • Günter Willinger

Vielen Dank!


Sommer 2022 – ein Rückblick

Überblick über die Entwicklungen 2020 – 2022 – und Dank! (Wolfgang Widder)