Song of the Earth

My father’s poem „Song of the Earth“ and the picture he took of his parents shortly before he left for the United States. Each verse of the poem refers to a different part of the picture.

Jim Klein
"Song of the Earth" 


The moment is captured by capricious choice,
Frozen in time, stunning the eye
through which it coursed so many years ago
by its inadvertent revelations.


Under the glass, the scene becomes magnified
In this remote, abandoned childhood kingdom;
The kitchen attains dimension, a mock-proximity,
At once palpable and keeping its rigid distance.


I must ask now, as if the question posed
would suffice to unravel the inexplicable events
and we should have a replay; another beginning
and, certainly, another end: "Why?"


The years have made you younger, Father,
To think that I have surpassed your days,
have known fulfillment of what for you
was always to remain a distant dream:


To feel the touch of yet another generation.
You look into the lens, your thoughts
inscrutable at this late stage;
bald-pated and about to sip your


customary after-dinner cafe noir,
I know: one lump of sugar from the
blue-white delft bowl, the indispensable
cigar butt held in your other hand.


I never noticed as a boy, watching you groom it,
how much your moustache resembled that of your
ex-emperor's, for whom you fought during the
first of two great global conflagrations.


In due time, your country rewarded you for valor
by tearing you from roots, from basic pursuits
on half and hour's summons by the Gauleiter,
hauling you to one of hell's antechambers


Somewhere in the Pyrenees -- and then...?
But first, There would be a moment now recalled:
You, standing on the far bank of the river Styx,
full of dark foreboding about this final parting.


And I, floating toward the distant shore
called Life, tossed toward the promontory
of the Promised Land, access to which --
try as you might -- would ever be denied you.


And you, Mother, your gentle face set somber
and out of character, as well it might be;
your ready smile, your resolute strength
forced into hiding by the dictates of harsh times.


I see you, a bewildered real-life Alice,
lost behind the icy prism of the unyielding
looking glass, your world about to be undone
by powers far beyond the ken of ordinary people.


That home-baked cake in your careworn hand:
plums of a bitter, much-diminished harvest, 
plucked from the tree outside the window
during that haunted fall of thirty-six.


I want to shout in perfect hindsight -- a child
mesmerized by the ultimate Punch and Judy show:
Watch out -- behind you! Can you not read
the symbols of the writing on the wall?


Look at that Calendar of Jewish Cultural Events
behind your back, agenda of delusive normalcy!
Could you not heed Mahler's impassioned outcry
before his Lied turned into one of lamentation:


"Dark is life...is death."


Theme in minor key, obbligato to the demons
of the thirties, the furies of the forties.
Would that you had related it
to your own small plot of earth.


But in the end, would all this culture,
every quirk of history have cautioned you
against the cataclysm of a decade of
blind hatred and destruction, run amuck?


Throughout the years of anguish I was 
to learn of your nobility of spirit which
fairly lept from the pages of your tortured, 
selfless letters which kept coming for a while


with their hidden code of desperation.
And when my own tormented scribbling
was returned, stamped "Address Unknown"
my mind cried out: O, but I know it well,


that "unknown" destination in the East,
the trembling that is Treblinka
the obscenity that is Auschwitz!
What has remained elusive is, Why?


                                 ~ Kurt Klein

Das Gedicht bezieht sich auf „Das Lied von der Erde“ von Gustav Mahler.

Das Lied von der Erde entstand von 1907 bis 1908 in Toblach. In dieser Zeit beschäftigte Mahler sich mit Hans Bethges Sammlung Die Chinesische Flöte mit Nachdichtungen altchinesischer Lyrik. Mahler komponierte das Werk in einer Zeit privater Schicksalsschläge. So starb Mahlers ältere Tochter Maria Anna im Alter von vier Jahren an Diphtherie. Außerdem hatte er nach einer antisemitisch motivierten Pressekampagne gegen seine Person als Direktor der Wiener Hofoper zurücktreten müssen. Schließlich wurde in diesem Jahr eine schwere Herzkrankheit diagnostiziert, die wenige Jahre später zu seinem Tod führte.

„Das Lied von der Erde“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie

Hier die Übersetzung durch Wilma Reinheimer:

"Das Lied von der Erde"


Eingefangen ist der Augenblick, eine launige Auswahl,
Eingefroren in der Zeit, unser Auge überwältigend
mit seinen ungewollten Offenbarungen,
nach so vielen verflossenen Jahren.


Vergrössert unter der Glasscheibe die Szene
aus dem fernen, verlassenen Reich der Kindheit;
Die Küche erlangt Ausmaße, scheint näher,
plötzlich fühlbar, doch bleibt die strenge Distanz.


Jetzt muss ich fragen, als ob die gestellte Frage 
genügen würde zum Enträtseln unerklärlicher Ereignisse, 
und wir sollten wiederholen; ein anderer Anfang
und, sicherlich, ein anderes Ende: "Warum?"


Die Jahre haben Dich jünger gemacht, Vater, 
denk nur, Deine Tage hab' ich schon überschritten,
habe Erfüllung erlebt, die für Dich 
immer ein ferner Traum geblieben ist:


Die Berührung mit einer weiteren Generation.
Blickst nur bis zur Linse, Deine Gedanken
sind unergründlich in diesem späten Stadium;
kahlköpfig und gerade dabei zu nippen


am gewohnten cafè noir nach dem Essen,
ich weiss, ein Stück Zucker aus der
blau-weiss Delfter Schale, den unentbehrlichen
Zigarrenstumpen in der andern Hand.


Als Junge sah ich nicht, wenn Du ihn pflegtest, 
wie sehr Dein Bart dem des Ex-Kaisers glich,
für den Du gekämpft hast während des ersten
der beiden grossen weltweiten Feuersbrünste.


Und dann belohnte Dich Dein Land für die Tapferkeit
indem es Dich aus Deinen Wurzeln riss, Deiner Ziele beraubte,
in eineinhalb Stunden, so die Anordnung des Gauleiters,
und Dich verschleppte in eine der Vorhöllen


irgendwo in den Pyrenäen - und dann?
Zuerst jedoch, da wäre ein Moment, nun erinnert:
Fern am Ufer des Flusses Styx stehst Du,
denkst in dunkler Vorahnung an den letzten Abschied.


Und ich, hinübertreibend zur fernen Küste,
Leben genannt, wurde auf das Vorgebirge 
des Gelobten Landes geworfen, Zugang zu ihm -
versuch es - wird Dir immer verweigert sein. 


Und Du, Mutter, Dein sanftes Gesicht verdüstert
und nicht mehr dasselbe, so gut es sein mag;
Dein offenes Lächeln, Deine resolute Stärke
gezwungen, versteckt zu sein unterm Diktat rauher Zeiten.


Ich seh' Dich, eine verstörte Alice, im realen Leben,
verloren unter dem eisigen Prisma des unnachgiebigen 
vergrößernden Glases, Deine Welt nahe der Vernichtung
durch Mächte weit jenseits der Vorstellung normaler Menschen.


Den selbstgebackenen Kuchen in Deiner abgehärmten Hand:
Pflaumen einer bitteren, sehr geringen Ernte,
gepflückt vom Baum vor dem Fenster
im bereits heimgesuchten Herbst 36.


Ich möchte schreien im heilen Nachhinein - ein Kind,
hypnotisiert durch das letzte Kasperle-Theater:
Pass auf - hinter Dir! Kannst Du sie nicht lesen
die Symbole der Schrift an der Mauer?


Schau auf den jüdischen Festtags-Kalender 
hinter Deinem Rücken, Agenda der trügerischen Normalität!
Konntest Du nicht achten auf Mahlers leidenschaftlichen Aufschrei
bevor sein "Lied" zur Klage wurde:
                       "Dunkel ist das Leben ... ist der Tod."


Das Thema in Moll, geschuldet den Dämonen
der Dreissiger, den Furien der Vierziger.
Ich wünschte, Du hättest es bezogen
auf Deinen eigenen kleinen Platz auf der Erde.


Aber schliesslich, würde all diese „Kultur“,
jede Spitzfindigkeit der Geschichte Dich gewarnt haben
vor der Sintflut einer Dekade von
blindem Hass und Zerstörung, dem Amoklauf?


In all den Jahren des Schmerzes konnte ich
die Würde Deiner Seele kennenlernen, die 
ein wenig noch herausdrang aus den Seiten Deiner qualvollen
selbstlosen Briefe, die für eine Weile noch kamen


mit dem verborgenen Code der Verzweiflung.
Und wenn mein eignes gequältes Gekritzel
zurückkam, gestempelt mit "Adresse unbekannt",
schrie meine Seele auf: Oh, ich weiss doch genau,


"unbekannt" heisst Bestimmungsort im Osten,
das zitternde Bangen ist Treblinka
die Obszönität ist Auschwitz!
Es bleibt, was nicht zu fassen ist, Warum ?