Rückblick

Sommer 2022

Überblick über die Entwicklungen 2020 – 2022 – und Dank! (Wolfgang Widder)

Nach der gelungenen Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Kurt Klein am 2. Juli 2020 hatte ich dem Walldorfer Komponisten Timo Jouko Herrmann vorgeschlagen, Kurt Kleins „Song of the Earth“ zu vertonen. Das stieß bei Herrn Herrmann auf spontane Begeisterung – er nahm alles Nötige an Vorarbeiten in die Hand, das Ergebnis war die Uraufführung des Werks am 10. Oktober 2021.  Anläßlich der Kurt Klein-Tage wurde das Werk dann am 2. Juli 2022 ein weiteres Mal aufgeführt. Allein schon, dass dieser Impuls so weitreichende erfreuliche Folgen hatte, macht mich glücklich. Danke, Herr Herrmann!

Die zweite „Perle“, die ich sehe, ist die so gelungene neue deutschsprachige Fassung des 1996 Oscar-prämierten Films „One Survivor Remembers“ – jetzt: Eine „Überlebende erinnert sich“. Bei meiner Suche nach Fachleuten stieß ich auf „Matthias Film“ in Berlin. Der damalige Geschäftsführer Bernd Merz erkannte sofort die Bedeutung des Films und meines Vorschlags einer deutschen Fassung. Er knüpfte den Kontakt zu Kurt Sprenger („Life Media International“), der sich engagiert und mit Herzblut des Projekts annahm (ähnlich wie Timo Jouko Herrmann!) und von der Rechteklärung bis zur Herstellung, samt Finanzierung, die notwendigen Dinge in die Hand nahm. Der Film wurde am 3. Juli im Rahmen der Kurt Klein-Tage uraufgeführt, das zahlreiche Publikum im Luxor in Walldorf war sehr berührt. Matthias-Film wird nichtkommerzielle Vorführungen des Films (nur dafür sind die Rechte erworben) bald zur Verführung stellen. Danke, Herr Sprenger, danke, Herr Merz!

Schon weit vor der Veranstaltung am 2. Juli 2020 begann meine Zusammenarbeit mit dem Heidelberg Center for American Studies. Dr. Anja Schüler und Prof. Welf Werner sind auf der wissenschaftlichen Schiene, aber auch in der konkreten Veranstaltungsplanung und -durchführung (schon 2020, aber auch bei den Kurt Klein-Tagen 2022) unentbehrliche Partner der Vereinigung der Heimatfreunde und von mir selbst. Dass die Kinder von Kurt Klein nun die Briefe von Ludwig und Alice Klein, den Eltern Kurts, aus den Jahren 1938 bis 1942, der Universität Heidelberg zur Digitalisierung und damit zur wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung stellten, ist ihnen zu verdanken. Am 4. Juli fand eine feierliche Übergabe in der Heidelberger Universität statt. Das HCA hielt auch Kontakt zu den beiden deutsch-amerikanischen Wissenschaftlern Prof. Atina Grossmann und Dr. Frank Mecklenburg und engagierte sie für zwei Veranstaltungen bzw. Veranstaltungsbeiträge am 30. Juni in Heidelberg im HCA (in englischer Sprache) bzw. am 2. Juli in Walldorf im Rahmen der Kurt Klein-Tage. Anja engagierte sich auch weit über das Übliche hinaus bei der Reiseplanung und der Organisation des Rahmenprogramms der Kurt Klein-Tage für die Familie Klein, die ja dann überraschend in so erfreulich großer Zahl nach Walldorf kam. Zudem verantwortet das HCA, dass es gelang, die SAP zu einer hausinternen Online-Veranstaltung im Rahmen der Kurt Klein-Tage am 4. Juli zu gewinnen! Danke, Anja, danke, Welf!

Die „Perle“ Kurt Klein-Tage 2022 wäre, wie schon die Gedenkveranstaltung 2020, nicht zustande gekommen, wenn nicht die Vereinigung der Heimatfreunde Walldorf sie zu ihrer Sache gemacht hätte. Klaus Engwicht, Thomas Ostermann und Andy Herrmann erkannten die Relevanz des Themas für ihre Stadt. Wir trafen uns immer wieder zu Vorgesprächen, zwangsläufig lange mit Blick auf die unberechenbare Pandemiesituation. Als dann absehbar wurde, dass 2022 so etwas wie „Kurt Klein-Tage“ möglich sein könnten, ging es an ein Konzept. Wir stellten es im Dezember 2021 der Stadt vor, die aufgeschlossen reagierte, das Budget wurde im Februar 2022 bewilligt. Und dann begannen fünf spannende, natürlich auch anstrengende Monate für uns alle! Programmseitig lag der Schwerpunkt der Heimatfreunde bei der Konzeption (vor allem Andy und Dieter Herrmann) und Gestaltung der Ausstellung „Jüdisches Leben in Walldorf“ im Museum im Astorhaus. Dazu kam, dass die Heimatfreunde die Pausenbewirtung am 2. Juli an der evangelischen Stadtkirche übernahmen. Als dann kurzfristig klar wurde, dass es in der Detailplanung des Besuchsprogramms der Kleins und ihrer mitgereisten Freunde noch ein Picknick um die Mittagszeit des 2. Juli wünschenswert wäre, erklärte sich Klaus Engwicht sofort spontan bereit, dass mit Thomas Ostermann und anderen im Park vor dem Astorhaus zu organisieren. Toll!  Danke, Klaus, danke, Thomas, danke, Andy!

Dass die Kurt Klein-Tage so gelungen sind, nicht zuletzt die Eröffnungsveranstaltung am 1. Juli, ist vor allem der Realschule zu verdanken, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, und hier der Geschichtslehrerin Frau Kathrin Kochenburger. Ich hatte sie, zusammen mit Herrn Burkhard, dem ehemaligen Rektor der Schule, schon 2020 auf Möglichkeiten angesprochen, die Geschichte von Gerda Weissmann Klein und Kurt Klein im Unterricht zu behandeln, und war sofort auf engagiertes Interesse gestoßen. Dass am Ende Schülerinnen von Frau Kochenburger so einen großen, schönen Beitrag zum Gelingen der Eröffnungsveranstaltung leisteten, war da noch nicht abzusehen. Dass Gerda und Kurt sich über eine solche Veranstaltung in einer Schule besonders gefreut hätten, versteht sich sicher von selbst. Danke, Frau Kochenburger!

Auch die Stadt Walldorf trug zum Erfolg der Kurt Klein-Tage wesentlich bei. Bürgermeister Renschler und der erste Beigeordnete Otto Steinmann zeigten sich, wie schon erwähnt, früh aufgeschlossen, als ich mit Klaus Engwicht und Andrea Schröder-Ritzrau bei ihnen vorsprach, und der Gemeinderat bewilligte schließlich das Budget! Als dann vorher unabsehbare Details (durch die große Gästezahl) zu organisieren waren, waren Heike Käller und Otto Steinmann unerwartet stark strapaziert. Der städtische Empfang am Morgen des 1. Juli, mit Eintragung ins Goldene Buch der Stadt  und die Einladung zum Abendessen im Tournedo gehören auch zu den schönen Mosaiksteinen.

Nicht im Programmheft finden sich zwei Aktivitäten am 1. und 2. Juli: Zunächst führte Herr Steinmann spontan im Anschluß an den Empfang eine größere Gruppe im kleinen Autokorso zu den Heidelberger Druckmaschinen und anschließend in den Hochholzer Wald (von dem Kurt seinen Kindern immer erzählt hatte). Und am folgenden Tag zeigte er ihnen in einem langen Spaziergang durch Walldorf verschiedene Stationen des jüdischen Lebens in Walldorf. Danke, Stadt Walldorf!

Natürlich ist das Schlüsselement fürs Gelingen der Kurt Klein-Tage in der so berührenden, berührten Teilnahme der Kinder von Gerda W. und Kurt Klein, ihrer Partner, vieler Angehöriger und Freunde – insgesamt 31 Menschen! – zu sehen. Ich hatte ja schon viele Monate im Vorfeld engen mail-Kontakt zu Jim Klein, aber letztlich hatte ja das Pandemiegeschehen zunächst die Oberhand. Wie sich dann während der Kurt Klein-Tage in verschiedenen Gesprächen zeigte, waren freilich, unabhängig davon, innerhalb der Familie zunächst gewisse Zweifel an diesem deutschen Kurt Klein-Gedenken, da, die sich erst langsam auflösten. Denkt man daran, dass Gerda und Kurt ihre Eltern durch die Nazi-Gräuel verloren, kann man ja nun ein negatives Deutschlandbild wirklich gut verstehen! Letztlich erlebten die Kleins die Ehrung ihres Vaters, der früher immer im Hintergrund geblieben war, aber als wichtigen Moment auch für ihre Familie – Jim sprach sogar von einer gewissen Befreiung. Dieses, ja gar nicht erwartbare Geschehen, dies zu hören, war in gewisser Weise das größte Geschenk, dass umgekehrt auch für uns hier die Kurt Klein-Tage darstellten. Einfach unglaublich. Und ermutigend, weiterzumachen. Danke, Jim, danke, Vivian, danke, Leslie! Danke, Familie Klein!

In diesem Überblick sollten einige weitere Elemente nicht fehlen: Im Frühjahr 2022 stimmten vier kleine Veranstaltungen in der Laurentiuskapelle auf die Kurt Klein-Tage ein. Die Lesungen aus Gerda Weissmann Kleins Buch „Nichts als das nackte Leben“ (drei Abende) und aus Texten von Kurt Klein selbst fanden einen interessierten kleinen Zuhörer-Kreis. Gustl Riemensperger, der schon bei der Veranstaltung 2020 mit Lesungen des FORUM 84 im Boot war – und übrigens den Kontakt zu Klaus Engwicht geknüpft hatte – Renate Büchner und Gerhard König-Kurowski bereiteten mit mir die Veranstaltungen vor und übernahmen die Lesungen (Gustl mußte dann allerdings leider krankheitsbedingt absagen). Danke, Gustl, Renate, Gerhard! 

Gerhard ist auch noch zu danken, dass er bei der Eröffnungsveranstaltung zusammen mit seiner Frau Nele die bewegende Lesung aus den Briefen der Eltern von Kurt übernahm – in Vertretung des vorgesehenen FORUM 84.

Eine Veranstaltung im Umkreis von Walldorf, nämlich an der VHS Schwetzingen, eine Woche vor den Kurt Klein-Tagen, kam dankenswerter Weise auf Vermittlung von Dieter Burkhard zustande.  Da die Region durchaus ja in Zukunft auch mehr von der Geschichte von Gerda und Kurt erfahren soll, war dies ein schöner erster Beitrag in dieser Richtung. Übrigens wirkte auch die Gruppe um Frau Kochenburger hierbei mit – und Wilma Reinheimer war dabei!

Überhaupt, Wilma Reinheimer: Mit ihr, der Familiengenealogin, die schon am 2.7.2020 sprach, konnte ich die ganzen zwei Jahre immer wieder alle möglichen Fragen besprechen, nicht zuletzt schickte sie mir Briefe und Materialien und gab mir Rückmeldungen und Anregungen für mein Kurt Klein-Buch. Sie nahm auch bei der Ausstellungseröffnung am 3. Juli am Vernissagen-Gespräch teil. Im Juli wurde sie 90 Jahre alt. Danke, Frau Reinheimer! 

Natürlich möchte ich an dieser Stelle mein Buch erwähnen: Kurt Klein, eine biografische Skizze, mit einem Beitrag von Jim Klein. Es entstand auch in den letzten zwei Jahren, am 2. Juli stellte ich es innerhalb der Kurt Klein-Tage vor. Das Buch läßt sich auch als Vertiefung und Ergänzung dieser Homepage betrachten. Die Stadt Walldorf unterstützte die Arbeit dankenswerterweise mit einem ansehnlichen Beitrag.

Auch Frank Engelmann, der schon für die ästhetischen und viele inhaltliche Qualitäten dieser vielgelobten Website verantwortlich war und ist, möchte ich an dieser Stelle in meinen Dank einbeziehen. Denn er gestaltete den eindrucksvollen Flyer zu den Kurt Klein-Tagen, der ebenfalls viel Anerkennung bekam. 

Einige Planungsüberlegungen sollen diese Zwischenbilanz abschließen. Natürlich geht es langfristig vor allem darum, in welcher Form die Erinnerung an Kurt Klein und seine Familiengeschichte in Walldorf selbst und von den Walldorfern weitergetragen wird. Meinerseits arbeite ich gegenwärtig bereits an einer „Graphic Novel“ „Gerda und Kurt“, zusammen mit der Zeichnerin Raissa Chikh – das soll ein Baustein für die Arbeit mit Jugendlichen, an Schulen usw. werden, die ja als Herzstück der ganzen Geschichte gedacht ist. Die Entwicklung pädagogischer Materialien  wird hierzu  vorangetrieben werden. Hierher gehört auch die deutschsprachige Untertitelung des Dokumentarfilms „America and the Holocaust – Deceit and Indifference“ – ein Film, in dem Kurt Klein eine wichtige Rolle spielt.

Ob es zu der wünschenswerten (vielleicht kommentierten?) Neuauflage von „Nichts als das nackte Leben“ kommt, vielleicht sogar zu einer Übersetzung von „The Hours After“, das ist noch offen – hierin arbeite ich mit dem HCA zusammen. 

Und sicher werden die Kleins wieder nach Walldorf kommen – zum Beispiel zur Einweihung der Kurt Klein-Straße!


Herzlichen Dank auch an die Fotografen Helmut Pfeifer, Frank Engelmann und weitere für die Fotos auf dieser Seite!