Am 7. Mai 1945 begegnet Kurt an der bayrisch-tschechischen Grenze bei Volary Gerda Weissmann. Gerda gehört zu einer ursprünglich 2000 Frauen umfassenden Gruppe von jetzt noch etwa 120 völlig entkräfteten, dem Tode nahen jungen jüdischen Frauen, die zuvor meist jahrelang in Arbeitslagern unter oft schrecklichsten Bedingungen arbeiten mußten und einen viermonatigen Todesmarsch hinter sich hatten.
“Mein Fahrer und ich waren Mitglieder einer 6-köpfigen Gruppe aus Spezialisten, die den Auftrag hatten, die Kapitulation entgegen zu nehmen. Jedes Team bestehend aus 2 Soldaten sollte einen anderen Teilbereich (zivilrechtlich, militärisch und medizinisch) der Formalitäten erledigen. Was wir aber nicht gewusst haben, war, dass uns eine ganz besondere Situation im Dorf erwartete: Eine von den letzten Greueltaten des Krieges hatte sich in Volary abgespielt. Hier war der letzte Halt auf einer Route, auf der SS-Wächter eine von zwei Gruppen von jeweils zweitausend Sklavenarbeiterinnen – junge jüdische Frauen – zum Marschieren gezwungen hatten. Die Gruppe lief über 350 Meilen in den bitter kalten Wintermonaten 1945. Wir waren jetzt mit den erbärmlichen Resten der einen Gruppe konfrontiert. Die Andere hat eine andere Route genommen. Von den 120 Überlebenden sind mehr als 30 in den nächsten Tagen gestorben. Die Frauen waren in einem leeren Fabrikgebäude eingeschlossen. Die Peiniger dieser Frauen haben versucht, die Beweise der Unmenschlichkeit zu zerstören, indem sie versucht haben, die baulichen Strukturen zu sprengen, was misslang.”
Kurt Klein in „The Hours After“
Kurt Klein brachte die kranke und ausgemergelte Gerda Weissmann in ein Lazarett, sie war in der KZ-Haftzeit weißhaarig geworden und wog nur noch 31 Kilogramm. Nach zwei Wochen wurde Kurt Klein in das 20 km entfernte bayrische Pfarrkirchen versetzt, besuchte Gerda aber so oft wie möglich. Beide begannen eine Freundschaft. Im Laufe der nächsten Monate erholte sie sich und wurde wieder gesund. Als die amerikanische Armee sich nach Bayern zurückzog und die Sowjets einrückten, drängte Kurt Klein darauf, dass Gerda Weissmann zu ihm nach München kommt, wo er ihr eine Arbeit bei der amerikanischen Besatzungsbehörde verschaffte.
Die später so genannten Todesmärsche gehören zu den erschütterndsten Greueln des untergehenden Nazi-Regimes. Als immer offensichtlicher wurde, dass der Krieg verloren werden würde, und die Alliierten näher und näher rückten, lösten die SS-Wachmannschaften die verschiedenen Arbeits- und Vernichtungslager unter chaotischen Umständen auf. Das diente nicht zuletzt dem Zweck, Spuren ihrer Untaten zu beseitigen. Es wurden große Gruppen von Häftlingen zusammengestellt, die z.T. schon Ende 1944, vor allem aber in den ersten Monaten des Jahres über Monate durch ganz Deutschland, meist in Richtung Reichsmitte getrieben wurden. Während der Märsche kam es immer wieder zu willkürlichen kleineren oder größeren Massakern, zudem starben viele der Häftlinge an Hunger, Kälte und Erschöpfung oder wurden genau in dieser Situation von den SS-Schergen umgebracht. Man nimmt an, dass eine sechsstellige Zahl von Menschen während der Todesmärsche sterben mußte.
In ihrem 1957 geschriebenen Buch „All but my life“ schildert Gerda Weissmann die sechs schlimmsten Jahre ihres Lebens bis zu ihrer Befreiung. Auf Grundlage des Buchs entstand 1994 der Dokumentarfilm „One Survivor remembers“. Dort beschreiben Gerda und Kurt ihre erste Begegnung: